Page 9 - Kloensnack Ausgabe 688
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Eine Geschichte von Engagement und Erinnerung
Eckard Rempe und der Jüdische Friedhof in Wagenfeld
Wagenfeld. Eckard Rempe, ein 78-jäh-
riger leidenschaftlicher Wagenfelder und
Norddeutscher, lebt seit über 55 Jahren
in Manila auf den Philippinen. Doch seine
enge Verbundenheit mit seiner Heimatge-
meinde ist nie erloschen. Seit 54 Jahren
ist er glücklich mit Perla Espino verhei-
ratet, mit der er eine Tochter, Katharina,
und drei Enkel - Nicolas, Matteo und Lu-
ca - hat.
Mit 19 Jahren verließ Eckard seine Hei-
mat, um für seinen amerikanischen Ar-
beitgeber in der Tabakindustrie der Philip-
pinen zu arbeiten. 1971 heiratete er Per-
la, und drei Jahre später kam ihre Tochter
Katharina zur Welt. Trotz seines Lebens
in der Ferne besuchte Eckard regelmäßig
Wagenfeld, und Perla entwickelte eine
große Zuneigung zu dem norddeutschen
Dorf, dem Flachland und dem deutschen
Lebensstil. Freundschaften halfen ihr, Wa-
genfeld schnell ins Herz zu schließen.
In Manila waren Eckard und Perla aktive
Mitglieder ihrer Kirchengemeinde und ge-
sellschaftlich gut eingebunden. Ihre be-
rufliche Karriere verlief erfolgreich, doch
für Eckard Rempe war das nicht genug.
Mit zunehmendem Alter erkannte er, dass
er am Ende seines Lebens nicht spurlos
verschwinden wollte. Er wollte etwas Blei-
bendes hinterlassen - für seine Heimatge-
meinde Wagenfeld. Sie haben sich für die Veränderung des Jüdischen Friedhofs in Wagenfeld eingesetzt und zusammen ein ansehnliches Werk geschaffen.
Das Foto zeigt (v.l.n.r.) Wolfgang Russ, Tobias Jona Simon, den Vertreter des Landesamtes für die Jüdische Gemeinden Niedersachsen
Ein Entschluss wird gefasst in Hannover sowie Eckard Rempe und Sabine Schröder. Foto: Barbara Knappel, Gerlingen
Bei einem Besuch auf dem jüdischen
Friedhof in Wagenfeld, um das Jahr bemerkenswerte Aufwertung erfahren. Al- Bürgern in Wagenfeld geht es um etwas Stille, der Erinnerung und vielleicht auch
2017, kam Eckard Rempe die Idee, den les begann mit der Erneuerung des alten Größeres. Der jüdische Friedhof erinnert ein bisschen der Hoffnung auf friedliche-
in die Jahre gekommenen Friedhof wieder Tores, und Schritt für Schritt hat sich das daran, dass Wagenfeld einst Heimat einer re Zeiten.
in Ordnung zu bringen. Nach einer Kon- Erscheinungsbild des Friedhofs verändert. lebendigen jüdischen Gemeinschaft war – Text + Foto:
taktaufnahme mit dem Landesamt für Der alte, zerstörte Zaun wurde durch einen ein wertvolles Stück der Geschichte, das Eckard Rempe, Katharina Rempe Azanza
die jüdische Gemeinde Niedersachsen in brandneuen Maschendrahtzaun ersetzt, es zu bewahren gilt. Gerade in unruhigen
Hannover erhielt Eckard Rempe von dort und plötzlich hat der Friedhof wieder et- Zeiten ist es wichtig, solche Orte der Erin- Das unten stehende Gedicht von Hermann
die Genehmigung, seine Pläne in die Tat was von seiner Würde zurück gewonnen. nerung und des Friedens zu haben. Hesse ziert die Wände im Hintergrund der
umzusetzen. Vielleicht fragt man sich: Warum all der Gemeinsam mit seinem Freund, dem Ar- auf dem Foto zu sehende Schutzwand
Aufwand? Es gibt ja kaum noch Nach- chitekten Wolfgang Russ, haben die bei- hinter der Ruhebank auf dem jüdischen
Der jüdische Friedhof – kommen der Menschen, die hier ihre letz- den ein kleines Schutzhaus am Rande des Friedhof.
Eine Oase der Erinnerung te Ruhe gefunden haben. Aber für Eckard Friedhofs errichten lassen. Hier kann man
Der jüdische Friedhof in Bockel hat eine Rempe und viele von den Bürgerinnen und sich niederlassen, eine Pause
machen und in Ruhe die beson-
dere Atmosphäre dieses Ortes Stufen von Hermann Hesse
genießen. Vielleicht als Ziel einer Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
nächsten Fahrradtour, denn der Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Friedhof liegt idyllisch an der Bar- Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
ver Straße im Ortsteil Bockel und Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
ist gut ausgeschildert. Ein Ort, an Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
dem man für einen Moment den Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Alltag hinter sich lassen kann. Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
Leider gibt es noch keinen Fahr- In andre, neue Bindungen zu geben.
radweg, also aufgepasst, der Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Verkehr kann heftig sein. Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wenn Interessierte den Friedhof
besuchen möchten, sollten sie Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
gerne ihren eigenen Kaffee und An keinem wie an einer Heimat hängen,
Kuchen mitbringen und nicht ver- Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
gessen, sich ins Gästebuch ein- Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
zutragen! Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Eckard Rempe selbst sagt: Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
„Lasst eure Sorgen hier zurück Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
und lasst euch von der Ruhe und Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
der Geschichte dieses Ortes in-
spirieren.“ Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Eckard Rempe und seine Mit- Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Das Erscheinungsbild des Friedhofs verändert. Der alte, zerstörte Zaun wurde durch einen streiter freuen sich jetzt, dass der Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
brandneuen Maschendrahtzaun ersetzt, und plötzlich hat der Friedhof wieder etwas von jüdische Friedhof wieder ein Teil Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
seiner Würde zurück gewonnen. Foto: Reinhard Kawemeyer von Wagenfeld ist - ein Platz der
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